Rechtliches

Was ist Verfahrensdokumentation? GoBD, Aufbau & Pflichten

Lesedauer: Min. | Zuletzt aktualisiert: 8.14.2023
Wir erklären Dir, was bei der Verfahrensdokumentation nach GoBD zu bedenken ist.

Die Verfahrensdokumentation ist so etwas wie ein Handbuch zu Deinem Unternehmen, das Betriebsprüfern und Finanzamt die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit Deiner digitalen Steuerunterlagen ermöglicht. Außerdem kannst Du mithilfe der Verfahrensdokumentation herausfinden, wo Du noch optimieren kannst: Beim Zusammenstellen erkennst Du, wo noch Verbesserungspotenzial besteht oder Ressourcen verschwendet werden.

Warum brauche ich eine Verfahrensdokumentation?

Die Pflicht zur Verfahrensdokumentation gehört zu den Grundsätzen der GoBD: Die korrekte Archivierung Deiner Daten inkl. Kassenführung und Belegablage, sowie die entsprechende Aufbewahrungsfrist sind durch diese “Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff” geregelt.

Wir erklären, wer eine Verfahrensdokumentation braucht, aus welchen Elementen sich eine Musterverfahrensdokumentation zusammensetzt und welchen Bestandteil Du von ready2order geliefert bekommst.

Was bedeutet Verfahrensdokumentation nach GoBD?

Die laut GoBD geforderte Verfahrensdokumentation soll die steuerrelevanten digitalen Geschäftsprozesse, Daten und Ablagesysteme in einem Unternehmen widerspiegeln. Sie muss also alle IT-Systeme beschreiben, die zur Erfüllung der laut GoBD geforderten Buchführungspflicht sowie weiteren steuerlichen Aufzeichnungspflichten dienen. 

Dabei geht es nicht nur um die technische Seite (z. B. Programmhandbücher oder → Systembeschreibungen), sondern auch um die betrieblichen Prozesse, an denen die IT-Systeme (GoBD-Kasse) beteiligt sind.

Der Hintergrund der Dokumentationspflicht ist, dass mit ihrer Hilfe Dritte wie z. B. das Finanzamt bei einer Betriebsprüfung eindeutig nachvollziehen können, wie die archivierten digitalen Daten

  • entstehen,
  • indiziert werden,
  • gegen Verlust und Fälschung gesichert werden,
  • reproduziert werden können.

Wer braucht eine Verfahrensdokumentation?

Grundsätzlich muss laut GoBD seit 2015 jeder buchführungs- und aufzeichnungspflichtige Unternehmer und jeder Freiberufler eine Verfahrensdokumentation bereitstellen. Besonders wichtig ist die Verfahrensdokumentation für Betriebe, die viel mit Bargeld arbeiten.

Die Verfahrensdokumentation ist die beste Vorbereitung auf eine Betriebsprüfung oder Kassennachschau: Seit 2018 kann das Finanzamt innerhalb der Geschäftszeiten jederzeit unangekündigt die Ordnungsmäßigkeit Deiner Kasse(n) überprüfen. Die stets aktuelle Verfahrensdokumentation dient dem Prüfer dabei als erste Orientierung über das Kassensystem.

Aus Sicht des Finanzamtes ist die Verfahrensdokumentation die Voraussetzung für eine prüfbare Buchführung: Sie bildet bei der Betriebsprüfung den Soll-Zustand ab. Bei der Betriebsprüfung bzw. Kassennachschau findet dann der Soll-Ist-Abgleich mit den vorgelegten Buchführungs- und Steuerunterlagen statt.

Ein Handbuch zu Deinem Unternehmen: die Verfahrensdokumentation.

Wer erstellt die Verfahrensdokumentation?

Für die Erstellung und die laufende Aktualisierung der Verfahrensdokumentation ist jeder Unternehmer selbst verantwortlich. Dein Steuerberater kann bei der Erstellung der Verfahrensdokumentation ebenfalls unterstützen.

Muster-Verfahrensdokumentation: Woraus besteht sie?

Es gibt keine gesetzlichen Vorschriften für den Aufbau der Verfahrensdokumentation und daher auch keine feste Vorlage. Es existiert jedoch ein Vorschlag der GoBD für eine Gliederung, nach der Du Deine Verfahrungsdokumentation erstellen kannst. Sie umfasst fünf Abschnitte:

  • Allgemeiner Teil
  • Anwenderdokumentation
  • Technische Systemdokumentation
  • Betriebsdokumentation
  • Internes Kontrollsystem (IKS)

Die äußere Form der Verfahrensdokumentation ist ein geschlossenes Dokument mit einem aussagekräftigen Inhaltsverzeichnis. Dabei empfiehlt sich eine Zweiteilung:

  • Ein sogenanntes Masterfile mit den Beschreibungen der Systeme und Prozesse
  • Ein Anhang mit Arbeitsanweisungen, Protokollen und IKS

Beachte bei der Erstellung, dass eine Verfahrensdokumentation häufig aktualisiert werden muss – z. B. bei neuen Verantwortlichkeiten der Mitarbeiter, dem Austausch von Hardware oder Anschaffung neuer Software.

Wichtig: Der Umfang und Detaillierungsgrad der Verfahrensdokumentation leitet sich von der Größe und Komplexität des zu beschreibenden Unternehmens ab. Ein Unternehmen mit mehreren Standorten, hunderten Mitarbeitern und umfangreicher IT-Landschaft wird also eine wesentlich umfangreichere Verfahrensdokumentation zur Beschreibung des Unternehmens benötigen als eine Einzelunternehmerin ohne Mitarbeiter.

1) Allgemeiner Teil

Hierbei handelt es sich um die Beschreibung der Geschäftstätigkeit und der steuerlichen Pflichten des Unternehmens, Klärung der Zuständigkeit für sowie ein Änderungs- und Versionierungskonzept für die Verfahrensdokumentation. Dazu gehören

  • Rahmenbedingungen und unternehmerisches Umfeld für die Anwendung der relevanten IT-Systeme d. h. Tätigkeits- und Wirtschaftsbereich des Unternehmens
  • Gewinnermittlung (Bilanzierung oder EÜR)
  • berufsbezogene Besonderheiten (z. B. Archivierungsanforderungen bei Ärzten)
  • Beschreibung der örtlichen Gegebenheiten bei buchführungsrelevanten Prozessen z.B. wo Papierbelege eingescannt werden
  • Beschreibung des Lagerortes von Papierbelegung bzw. Vernichtungsort bei “ersetzendem Scannen”
  • Regelmäßigkeit der Belegdigitalisierung (täglich, wöchentlich, monatlich)
  • Aufführung evtl. beteiligter externer Dienstleister
  • autorisierte Zuständigkeiten bei der elektronischen Buchführung
  • Hinweise auf Änderungen in erneuerten Verfahrensdokumentationsversionen

Empfehlenswert ist hier auch ein Ablaufdiagramm der wichtigsten Prozesse der elektronischen Buchführung inkl. Belegablage und Erfassung von Geschäftsvorfällen.

2) Anwenderdokumentation

Dies ist die Beschreibung der fachlichen Prozesse bei der elektronischen Buchführung inklusive der Nebensysteme. Sie umfasst

  • Erfassung der Daten im System (manuell oder automatisiert aus externen Quellen),
  • Prüfung und Abstimmung der Daten auf Richtigkeit (manuell Prüfung oder automatische Plausibilitätschecks),
  • Ausgabe der Daten (Papierausdruck oder elektronisch über weitere Verarbeitungssysteme bzw. externe Optionen).

Besonders, wenn ein externer Datenaustausch erfolgt, muss zudem erläutert werden, wie und nach welchen Regeln die Datenübergabe zwischen den verschiedenen Systemen funktioniert.

3) Technische Systemdokumentation

Die Systembeschreibungen und/oder Programmhandbücher der eingesetzten Hard- und Software sind ebenfalls Teil der Verfahrensdokumentation.

Zur Hardware gehören

  • Serversysteme
  • eingesetzte Hardware an Arbeitsplätzen wie z. B. Computer
  • Hilfs- und Nebensysteme  wie z. B. Scanner zur Digitalisierung von Buchführungsunterlagen

Die nötigen Angaben umfassen den Hersteller und die Produktkennzeichnung sowie ggf. weitere technische Daten wie Angaben zu Prozessor, RAM und Grafikkarte. Wichtig ist auch die Verwendung der Hardware innerhalb der unternehmensinternen IT-Struktur.

Die Beschreibung der eingesetzten Software umfasst

  • alle verwendeten Programme in ihrer jeweiligen Version inklusive Updates
  • Nutzerhistorie zuvor verwendeter Programme
  • Angaben zu Customizing d. h. individuelle Änderungen und Anpassungen von Softwarekomponenten

Die reine Aufzählung der verwendeten Programme reicht dabei nicht aus: Die einzelnen Komponenten und Systembestandteile müssen mit ihren jeweiligen Schnittstellen zu einem schlüssigen Gesamtbild zusammengestellt werden.

Wichtig: Wir arbeiten derzeit daran, die Systemdokumentation des elektronischen Aufzeichnungssystems von ready2order für Dich zu erarbeiten. Sobald sie fertiggestellt ist, kannst Du sie in der Verwaltungsoberfläche unter Fiskalisierung und TSE herunterladen. Bitte beachte bei der Verwendung, dass diese Systembeschreibung nur einen Teil Deiner Verfahrensdokumentation darstellt.

4) Betriebsdokumentation

Die Betriebsdokumentation umfasst den Einsatz der verwendeten Systeme und deren Organisation im täglichen Betrieb der buchführungsrelevanten Softwarekomponenten. Sie muss unbedingt folgende Bereiche abdecken:

  • Betriebsinternen Anweisungen zur Dokumentation
  • Betriebsinterne Regelungen zur Sicherheit des IT-Betriebs
  • Beschreibung der betrieblichen Prozesse im Normalbetrieb
  • Beschreibung der betrieblichen Abläufe im Notbetrieb
  • Datensicherheitskonzept inkl. Regeln zur Passwortgenerierung
  • Datensicherungskonzept
  • Benutzerverwaltung d. h. wer darf worauf und mit welcher Berechtigung (Leserechte, Schreib- und Leserechte, Löschrechte usw.) zugreifen?

5) Internes Kontrollsystem (IKS)

Das interne Kontrollsystem sind die Benutzungsregeln für buchführungsrelevante IT-Strukturen, die nachweislich protokolliert im Betriebsablauf angewendet werden.

Das IKS muss dabei folgende Bereiche umfassen: 

  • Zugangs- und Zugangsberechtigungskonzepte
  • Funktionstrennungen
  • Kontrolle der Datenerfassung und -eingabe
  • Übertragungs- und Verarbeitungskontrollen bei Datennutzung über Schnittstellen (bei automatisierten Übertragungen)
  • Schutzmaßnahmen gegen beabsichtigte oder unbeabsichtigte Verfälschung von Daten
  • regelmäßig protokollierte, stichprobenartige Plausibilitäts- und Vollständigkeitskontrollen (zusätzlich zu den standardisierten Prüfungen moderner IT-Verwendungen)
Eine kluge Verfahrensdokumenation bedeutet: mit System dokumentieren.

Wie wichtig ist die Verfahrensdokumentation wirklich?

Eine Verfahrensdokumentation bedeutet bei der Ersterstellung einigen Aufwand – steht der Aufbau einmal, müssen fortlaufend Aktualisierungen bei Veränderungen vorgenommen werden.

Dennoch ist die Antwort auf die Frage nach Aufwand und Nutzen einfach: Da das Finanzamt die Verfahrensdokumentation als verpflichtend betrachtet, solltest Du die Erstellung sorgfältig durchführen. Denn fehlt die Verfahrensdokumentation oder ist sie auf den ersten Blick mangelhaft, kann dies schon im Vorfeld der Betriebsprüfung zu Problemen führen.

Das Nichtvorhandendensein allein soll zwar nicht als formaler Mangel gelten, doch wenn Deine Daten nicht einwandfrei nachvollziehbar und nachprüfbar sind, kann eine fehlende Verfahrensdokumentation zur (teilweisen) Ablehnung der Buchführung beitragen, was die Schätzung der Umsätze als Besteuerungsgrundlage nach sich zieht.

Anders gesagt: Mit einer schlüssigen und aktuellen Verfahrensdokumentation sorgst Du dafür, dass das Finanzamt Deinem Betrieb bei einer möglichen Betriebsprüfung grundsätzlich wohlwollend gegenübersteht.

Sabine Amler

Sabine Amler

Senior Content Manager

Als gelernte Buchhändlerin kennt Sabine beide Seiten der Ladentheke. Dieses Know-how verbindet sie mit langjähriger Erfahrung im Bereich SEO und Marketing.

Haftungsausschluss: Unsere Beiträge stellen ausschließlich unverbindliche Informationen ohne Gewähr auf Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität dar. Es handelt sich dabei um keine Rechts- oder Steuerberatung und erhebt keinesfalls den Anspruch, eine solche darzustellen oder zu ersetzen.

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